Josef  Pieper

 

 

 

 

 

Zweifel

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"...daß der alte Satz vom Staunen als dem Anfang der Philosophie den Sinn bekommen hat: Am Anfang der Philosophie stehe der Zweifel."

– Josef Pieper

So wird die Philosophie auf den Kopf gestellt.

 

Der Zweifel ist ein wichtiges Werkzeug des Verstandes, ist wesentliches Mittel der Klugheit (die einen Teil des Verstandes ausmacht), ist auch ein wichtiges Werkzeug der Wissenschaft, ist Notnagel, wenn das Vertrauen schwindet und ist auch... Ausdruck von Angst. Aber alles dieses... hat mit Philosophie nichts zu tun, denn...

 

Der Kern der Philosophie ist die Wahrheit.

 

Die Wahrheit ist zweifelsfrei

und die Weisheit ist angstfrei.

 

Am Anfang der Philosophie steht die Bereitschaft, den

intellektuellen Verstand in die zweite Reihe zu stellen.

 

Sonst ist Philosophie nicht möglich. Wo der Zweifel am Anfang steht, gibt es vielleicht Mißtrauen und eine Wissenschaft und eine Forensik, aber keine Philosophie.

 

 

 

 

Eigentum

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"Jeden Tag hat man davon gesprochen, dies sei »mein« Freund, »meine« Frau, »mein« Haus; daß man dies alles also »habe« und »besitze«. Plötzlich stutzen wir: Ja, »haben« wir wirklich alle diese »Besitztümer«? Können die überhaupt »gehabt« werden? Was ist das überhaupt und im letzten Grunde: etwas besitzen?"

– Josef Pieper

 

Das ist mal ein Beispiel für (echte) Philosophie: In ehrlicher Haltung den Dingen auf den Grund gehen, denn...

 

🌟  Philosophie = ist die Liebe zur Weisheit.

🌟  Weisheit = ist die Liebe zur Wahrheit.

 

Josef Pieper: »Haben« wir wirklich alle diese »Besitztümer«? Können die überhaupt »gehabt« werden?“

 

Nein“ und „nein“.

 

Wir haben uns bloß seit Kindesbeinen so sehr an diese Idee gewöhnt, daß wir glauben, es gäbe so etwas wie "Besitz", zumal doch alle Leute davon reden und "ihn" schützen und mehren wollen.

 

Josef Pieper: "Was ist das überhaupt und im letzten Grunde: etwas besitzen?"

 

Eine Schnaps-Idee – weiter nichts: Es gibt kein Eigentum.

 

Alles nur geliehen.

 

Obwohl Gesetze formuliert wurden, wonach wir (als Eigentümer) die Herrschaft über diese uns gehörenden Sachen (incl. Tiere, bis vor kurzem auch Frauen) haben und deswegen mit ihnen nach Belieben verfahren und mit Unterstützung der Staatsgewalt andere sogar von jeder Einwirkung auf „unsere“ Sachen ausschließen können und obwohl wir alle auf der sozialen Ebene diesen Gesetzen Folge leisten müssen, gibt es in Wirklichkeit... kein Eigentum.

 

Die Wörter „besitzen“ und der „Besitz“ sind passend, weil bildhaft eingängig. Diese „Definition“ von Besitz ist enger gefaßt: Du kannst über das verfügen, was du auch sinnlich „besetzen“, also berühren kannst.

 

Die Menschen, welche rund um den Globus die Klöster bevölkern, kommen meist ganz ohne Eigentum aus, sie... haften dieser Idee nicht (mehr) an.

 

 

 

 

Sich entfernen

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Philosophieren heißt: sich entfernen – nicht von den Dingen des Alltages, aber von den gängigen Deutungen, von den alltäglich geltenden Bewertungen dieser Dinge.“

– Josef Pieper

Ja, das trifft es in etwa.

 

Sich entfernen“, auf Abstand gehen, innerlich einen Schritt zurück treten, das Ego mit seinem Denken außen vor lassen. So besteht die Möglichkeit, daß Philosophie geschieht. Denn wollen... können wir hier nichts. 

 

Josef Pieper: “Sich entfernen … von den gängigen Deutungen, von den alltäglich geltenden Bewertungen dieser Dinge.“

 

Mit dem Abstand zum Denken gewinnen wir (gleichzeitig) auch den Abstand von allen Deutungen und Bewertungen.

 

 

 

 

Unsere Möglichkeiten

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Es bleibt aber dennoch dabei: das Staunenkönnen gehört zu den höchsten Möglichkeiten der menschlichen Natur.

– Josef Pieper

 

Willst du uns (d)eine beiläufige Mutmaßung als Wahrheit verkaufen? Wenn du ein bißchen genauer hinschautest, du würdest höhere entdecken.

 

Zweitens: „Es bleibt aber dennoch dabei“ ist keine philosophische Aussage. Du kannst nicht wissen, was wobei bleibt. Nur in einem konkreten Moment kannst du sehen, was ist. Darüber hinaus läßt sich nichts aussagen.

 

Das Ende der Philosophie = ist der Beginn der Spekulation, aber...

 

Spekulation ist NICHT Philosophie!

 

Hier plapperst du etwas nach, was deiner Recherche nach schon andere Leute gesagt hatten, denen du deine Achtung entgegen bringst, auf die du Kompetenz projizierst, denen du glaubst. Solches gehört zu den niederen Möglichkeiten.

 

Das ist nicht Philosophie! Das ist weit entfernt von Weisheit.

 

Philosophie kann nur das genannt werden,

was du in diesem Moment als wahr erkennst.

 

Und zwar ausschließlich (!) du selber.

 

 

 

 

Erweis

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Thomas von Aquin sieht hierin geradezu einen Erweis dessen, daß der Mensch einzig in der Anschauung...“

– Josef Pieper

 

Was immer der Thomas von Aquin auch sieht und was auch immer für ihn Erweis ist, es ist nicht unser Sehen und es ist nicht unser Erweis. Auch dann nicht, wenn es genau so ist, wie er sagt: Wir müssen selber schauen.

 

Eben das ist das Besondere an Wahrheit und Weisheit: Hier nimmt uns niemand etwas ab.

 

 

 

 

Verwirrung

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So sagt Hegel ..., als von Sokrates die Rede ist und von seiner Methode, den Partner zum Staunen zu bringen angesichts des scheinbar Selbstverständlichen, die Verwirrung sei dabei die Hauptsache: »diese bloß negative Tatsache ist die Hauptsache«; »es ist Verwirrung, mit der die Philosophie überhaupt anfangen muß und die sie für sich hervorbringt; man muß an allem zweifeln, man muß alle Voraussetzungen aufgeben, um es dann als durch den Begriff Erzeugtes wieder zu erhalten«.“

– Josef Pieper

 

Es stellt sich die Frage, ob du den Philosophen hier als Schüler oder als Lehrer siehst, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, wenn du „die Philosophie“ sagst.

 

Als Schüler der Philosophie läßt du deine Ordnungen durcheinander bringen, du läßt alle Starre fahren, alle Meinungen, Grundsätze, moralischen Grenzsteine, du läßt dich bereitwillig verwirren und folgst nun... nur noch dem Licht der Wahrheit.

 

Der Philosoph in der Rolle des Lehrers führt bei den Schülern die Störung des Ein- und Festgefahrenen auf seine Weise aktiv herbei. Sie müssen erst ins Schwimmen geraten, in Verwirrung, bevor sie nach und nach dem eigenen Licht vertrauen können.

 

Für diesen Typus von Lehrer steht der Sokrates: Er ließ alle Konstrukte zusammenstürzen, auf welche sich die Schüler bisher stützen konnten.

 

Erst wenn du leicht ins Staunen geraten

kannst, bist du reif.. für die Philosophie.

 

Man kann auch sagen: Erst wenn dir die Konstanten abhanden gekommen sind und du (im Wortsinn) leichtsinnig bist, ist dir der Zutritt zum Raum der Philosophie gewährt.

 

 

 

 

Abstand

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Philosophieren heißt: sich entfernen - nicht von den Dingen des Alltages, aber von den gängigen Deutungen, von den alltäglich geltenden Wertungen dieser Dinge. Und dies nicht auf Grund irgend eines Entschlusses, sich zu unterscheiden, »anders« zu denken, als die Vielen; sondern auf Grund dessen, daß plötzlich ein neues Gesicht der Dinge zutage getreten ist.“

―  Josef Pieper

 

Ja, so ist es. Und ja, es ist nicht wirklich so etwas wie ein Entschluß, es ist eher eine Bereitschaft. Aber nichts Großes, nichts Kompliziertes, auch nichts Anstrengendes. Genau so gut könnte man auch sagen, daß man in seine Mitte geht, oder in die Stille.

 

Das ist aber nicht so, weil irgend jemand mit viel Reputation das mal gesagt hat, sondern weil es so ist. Zwar ist es nicht objektivierbar oder begründbar, dafür ist es (prinzipiell von Jedermann) erfahrbar.

 

Dieses sich entfernen ist nichts weiter, als daß wir den Verstand einen Schritt zurück treten lassen. Das erst ermöglicht uns eine freie Sicht auf die Dinge. Und es ist auch nicht wirklich ein neues Gesicht der Dinge“. Diese Art zu sehen ist für uns neu. Das ist alles. Wer zunächst gewohnt ist, alles durch sein Konvolut an Werten und Weltsichten zu betrachten, für den tut sich plötzlich eine neue Weise des Sehens auf. Die Überraschung legt sich aber bald, das neue Sehen wird alltäglich.

 

Entscheidend ist, daß wir uns nicht 

im wertenden Verstand befinden.

 

 

 

 

Das Staunen in der Philosophie

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"»Wahrhaftig, bei den Göttern, mein Sokrates, ich komme aus dem Staunen nicht heraus über die Bedeutung dieser Dinge, und zuweilen wird mir's beim Blick darauf geradezu schwindlig« - so ruft der junge Mathematiker Theaitetos aus, nachdem Sokrates, der listige und zugleich hilfreiche, betroffen machende, starr machende Frager (starr vor Staunen!) ihn so weit gebracht hat, daß er sein Nichtwissen erkennt und eingesteht. Und dann folgt, in Platons Dialog Theaitetos, die ironische Antwort des Sokrates: »Ja, gerade diese Verfassung kennzeichnet den Philosophen; dies und nichts anderes ist der Anfang der Philosophie.« Hier ist zum erstenmal, in morgendlicher Heiterkeit und doch ganz unfeierlich, fast beiläufig, der Gedanke zu Wort gebracht, der dann durch die Philosophiegeschichte hin fast zum Gemeinplatz geworden ist: der Anfang der Philosophie ist das Staunen."

Josef Pieper

 

Theaitetos: Mein Sokrates, ich komme aus dem Staunen nicht heraus.“

 

Das ist natürlich Quatsch – dummes Gerede.

Oft gehört, aber selten auf Wahrheit überprüft.

 

Wer, bitte, ist denn aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen? Bitte melden! Wer ist im Staunen geblieben? Es dürften nur sehr wenige Menschen sein, die sich diesen Luxus gönnen. 🤗

 

Der „Normal-Mensch“ staunt eher selten bis gar nicht. Falls doch mal, dann höchstens auf einen Wimpernschlag, maximal wenige Sekunden lang. Dann überläßt er die Führung wieder dem ordnenden Verstand. Vielleicht bemüht er gelegentlich noch das Erinnerungsvermögen, das ist alles: Schluß mit dem Staunen.

 

Denn im unmittelbaren Staunen ist der intellektuelle (personale) Verstand komplett im Abseits; er ist abwesend, inaktiv, dann ist...

pure Präsenz.

 

Reine Präsenz hält der ungeübte Normal-Mensch nicht lange aus.

 

Sokrates: "Diese Verfassung kennzeichnet den Philosophen."

 

Das ist zutreffend. Wodurch diese „Verfassung“, nämlich die totale Präsenz „herbeigeführt“* wird, ist irrelevant. Es kann (wie hier) durch Irritation geschehen, durch Zufall, durch Staunen, durch Berührung, durch Liebe, durch Meditation oder durch Einstimmung...

 

Entscheidend ist die Inaktivität oder Abwesenheit des denkenden Teils des Verstandes.

 

*) Das Wort herbeigeführt“ ist hier nicht ganz korrekt, weil es sich letztlich nicht um ein „Tun“ handelt, sondern um ein Unterlassen, um eine Art Hingabe: Die Aufgabe... der Kontrolle des Verstandes. 

 

Sokrates: "Dies und nichts anderes ist der Anfang der Philosophie." 

 

So ist es. Und das zu allen Zeiten. Ob dieser Dialog nun ein geschichtliches Ereignis, oder nur die mündliche Überlieferung einer Anekdote ist, ist unerheblich. Entscheidend ist, daß es so ist und daß es (auch) so funktioniert – damals wie heute:

 

Unwissenheit ist die...

Basis der Philosophie.

 

Wann ist Unwissenheit? Wenn wir den Verstand im Abseits lassen.

 

Für jemanden, der den Verstand zum König erklärt hat, ist das verrückt. So jemand wird sich einem Sokrates nicht nähern. Auf diese „Hebammen-Arbeit“ (wie Sokrates seine Technik genannt hat) wird er gerne verzichten, er ist "doch nicht verrückt!".

 

Josef Pieper: "Hier ist zum erstenmal der Gedanke zu Wort gebracht."

 

Das ist das typische Mißverständnis: Hier handelt es sich eben nicht um (einen) Gedanken, sondern um unmittelbare Erfahrung. Und die kann nur jemand nachvollziehen, der weiß, wovon die Rede ist, z.B. weil er selber ähnliche Erfahrung gemacht hat.

 

Ein Denker kann nicht verstehen, warum er...

als Denker, dies nicht verstehen können sollte.

 

Josef Pieper: "Hier ist zum erstenmal..." 

 

Wer sagt denn, daß es das erste Mal war? 

 

Spirituelle Arbeit wie diese „Hebammen-Arbeit“ genannte, gab es weit vor Sokrates und gibt es auch jetzt – nach Sokrates.

 

Die Technik ist schließlich nichts Besonderes.

Das Besondere ist, sich auf sie einzulassen. 😆

 

Josef Pieper: "Der Achtzigjährige [Goethe] sagt zu Eckermann: »Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist das Erstaunen.«

 

Denn Staunen, Erstaunen ist der Ehrfurcht nahe und die Ehrfurcht der Liebe. Außer Bewußt-Sein ist Liebe das Höchste, was in dieser Frequenz möglich ist.

 Zitat-Quelle

 

 

 

 

Zitate des  Josef  Pieper