Jean de la Bruyère

 

 

 

 

 

Wahrheit

z

 

„Wir stimmen den anderen nur zu, wenn wir eine Gemeinsamkeit zwischen ihnen und uns empfinden.“

– Jean de la Bruyère

  

Ja, das trifft für eine noch ziemlich unreife Form des Gesprächs zu.

 

Aber auf einer etwas reiferen Stufe fragen wir nicht mehr: "Wer hat das gesagt?", sondern: "Ist es wahr, was gesagt wurde?"

 

 

 

 

Wahrnehmung

z

  

Man darf Menschen nicht wie ein Gemälde oder eine Statue nach dem ersten Eindruck beurteilen, die haben ein Inneres, ein Herz, das ergründet sein will.“

Jean de la Bruyère

Hier geht es nicht um "Urteilen",

hier geht es um Wahrnehmen.

 

Im Prinzip können wir sie gar nicht verhindern, die umfassende erste Wahrnehmung in den ersten Momenten einer Begegnung. Sie sind randvoll mit "Eindrücken", mit Informationen aller Art. Aber unser Verstand, unser Denk- und Glaubenssystem, also "unser Horizont" bestimmt, welche und wie viele Informationen den Weg in unser Denken finden und welche... vorab rausgefiltert werden.

 

Die unmittelbare Wahrnehmung braucht nahezu keine Zeit.

Erst das Nachdenken und das „Beurteilen“... brauchen Zeit.

 

Jean de la Bruyère geht es darum, Menschen „beurteilen“ und „ergründen“ zu wollen. – Beides ist problematisch.

 

  • Beurteilen ist meistens Intelligenz-verhindernd, weil engstirnig.
  • Ergründen wollen (das „Innere“ eines Menschen), ist mindestens anmaßend.

 

Damit werden wir der Würde unseres Gegenübers nicht gerecht. Zu seinen beiden Vorgehensweisen gibt es attraktive Alternativen. Eine davon ist das... Wahrnehmen.

 

Urteilen ist Verengung.

Wahrnehmen ist Weite.  

 

Einwand: "Warum der Autor seine Sicht der Dinge so und nicht anders dargelegt hat, damit darf man sich doch zunächst beschäftigen."

 

Kann man, macht aber keinen Sinn. Denn fragen kann man den Mann wohl nicht mehr. – Aber selbst wenn man das könnte: Mit einer Aussage hier und jetzt in Resonanz zu gehen, ist wesentlich ergiebiger.  

 

Einwand: "Das Gemälde oder die Statue darf nach dem ersten Einruck beurteilt werden."

 

Warum etwas sofort be-URTEILEN wollen? Warum nicht beim Betrachten bleiben und zudem auch die Wirkung der Betrachtung betrachten?

 

Urteilsfreie

Betrachtung.

 

Einwand: "...um seine Kernaussage zu stützen."

 

Du siehst im Zitat einen Kern, eine Essenz? Gäbe 

es diesen, bräuchte der nicht gestützt zu werden.

 

 

 

 

Zitate des Jean de la Bruyère

 

 

„Beim Anblick eines gewissen Elends empfindet man eine Art Scham, glücklich zu sein.“

 

„Das genaue Gegenteil was allgemein geglaubt wird, ist meistens die Wahrheit.“

 

„Dem, der sich mit Geduld wappnet, liegen keine Vorteile zu fern.“

 

„Die Kinder kennen weder Vergangenheit noch Zukunft, und – was uns Erwachsenen kaum passieren kann – sie genießen die Gegenwart.“

 

„Die meisten Menschen benutzen ihre Jugend, um ihr Alter zu ruinieren.“

 

„Die Treulosigkeit ist sozusagen eine Lüge der ganzen Person.“

 

„Ein Mensch, der eine Zeit lang das Leben eines Intriganten geführt hat, kann ohne Umtriebe nicht mehr bestehen: Jede Form des Daseins scheint ihm schal.“

 

„Es gibt für den Menschen nur drei Ereignisse: geboren werden, leben und sterben. Aber er merkt nicht, wenn er geboren wird. Er leidet, wenn er stirbt. – Und er vergißt zu leben.“

 

„Es gibt mehr Werkzeuge als Arbeiter, und von diesen mehr schlechte als gute.“

 

„Es gibt nur zwei Wege, um auf der Welt vorwärtszukommen: durch seine eigenen Fähigkeiten oder durch die Dummheit der anderen.“

 

„Wahrheiten, die man ganz besonders ungern hört, hat man ganz besonders nötig.“

 – Jean de la Bruyère