Zweifel

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"Der Zweifel ist dem Wissen nicht unterlegen, sondern überlegen. Der Fortschritt ist der Sohn des Zweifels. Der Verstand, der nicht mehr zweifelt, unterliegt dem Verstand."

Alain (Émile-Auguste Chartier)

 

Hypothese und Zweifel, diese beiden sind die Beine der Wissenschaft. Und in Sachen Zweifel ist der Verstand die unangefochtene Kapazität.

 

Aber der Verstand als solcher... ist noch nicht das Ende, denn der Verstand ist bloß ein Diener der Intelligenz.

 

 

 

 

Dynamik des Zweifels

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"Den Zweifel, der aus Intelligenz geboren wird, sollten wir pflegen." 

 

Horst Rasche

Der Schwerpunkt dieses Satzes liegt auf Intelligenz.

Zweifeln ja, aber unter Zuhilfenahme der Intelligenz.

 

  1. Aufmerksamkeit
  2. Wachsamkeit

  3. Bedenken

  4. Vorsicht

  5. Skepsis

  6. Sorge

  7. Zweifel

  8. Verdacht

  9. Mißtrauen

  10. Gewissheit

 

Der Zweifel benötigt mehr an Intelligenz...

als das blinde Glauben – woran auch immer.

 Skepsis

 

 

 

 

Zweifel & Erkenntnis

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Zweifel ist auch ein möglicher Weg der Erkenntnis."

 

– Karl Popper (angeblich)

Falls der Herr Popper das

tatsächlich so gesagt haben sollte...

 

Ja, auch über den Zweifel kann man zu einer Erkenntnis gelangen, aber nicht auf direktem Weg (wie mit einem Hebel), sondern rein induktiv:

 

Wir beschäftigen uns intensiv mit A und

in Sachen B erreicht uns eine Erkenntnis.

 

Eine Erkenntnis ist

nicht zwangsläufig!

 

Sie ist auch nicht das Ergebnis

eines logischen Denkvorgangs.

 

Das Eintreffen von Erkenntnissen haben wir nicht in unserer Hand:

 

Wir Menschen...  können keine einzige

Erkenntnis mittels Willen produzieren.

 

 

 

 

Zweifel ...und Intelligenz

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"Das höchste Zeichen von Intelligenz ist der Zweifel." 

 

Francois Mauriac

 

Wenn wir im Zweifeln (3) und Widerständigen stecken bleiben, kann es passieren, daß wir zu glauben anfangen, den Gipfel erreicht zu haben.

 

Aber nein, so wichtig (!) diese Phase auch ist, an dieser Stelle haben wir noch nicht einmal die Hälfte.... erreicht.

 

Mit dem Zweifel, mit dem In-Frage-stellen, mit dem Zerstören von bisher Geglaubtem, beenden wir unsere Kindheit – sind aber noch nicht auf der Stufe des Erwachsenen (4) angekommen, geschweige denn, daß wir an der Stufe der Weisheit (6) auch nur geschnuppert hätten.

 

Und ja, auch der Zweifel nährt sich von der Intelligenz.

Nur ist der... längst nicht ihre höchste Ausdrucksform.

 Reife

 

-ڿڰۣ-ڰۣ——

 

 

Zweifel ist nur ein kleines Zeichen von Intelligenz.

Vertrauen ist ein größeres Zeichen von Intelligenz. 

 

Einwand: "Es gibt Menschen, die alles anzweifeln, was über ihren Horizont geht."

 

Das Drollige ist aber, daß wir das Ende unseres Horizontes nicht als Grenze erkennen können. Niemand kann seinen Horizont verlassen. Da läßt sich nun mal nichts machen. 😊

 

Die gute Nachricht: Jedem Wesen steht genau die „Menge“ an (oder die Form von) Intelligenz zur Verfügung, die es für sein Leben braucht. Niemand kommt zu kurz. Manche nutzen vorzugsweise niedere Formen und manche, manchmal niedere und manchmal höhere.

-ڿڰۣ-ڰۣ——

 

 

Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist...

die Fähigkeit, zu beobachten - ohne zu bewerten. 

 

Jiddu Krishnamurti 

 

Der Satz des Krishnamurti legt nahe, daß er nicht nur  e i n e  Form menschlicher Intelligenz sieht, sondern mehrere. Möglicherweise niedere, höhere und höchste.

 

Wir können ja mal ein paar Formen auflisten, aufgeteilt in:

 

A – Niedere Formen menschlicher Intelligenz

B – Höhere Formen menschlicher Intelligenz

C – Höchste Formen menschlicher Intelligenz

 

Fangen wir doch mal mit A an: Was alles zählen wir zu den niederen Formen menschlicher Intelligenz? 

 

 Formen der Intelligenz

 

-ڿڰۣ-ڰۣ——

 

  

Nüchtern sein und zweifeln...,

das ist der Kern der Weisheit.

 

– Epicharmos

 

Da ist was dran, Epicharmos, aber es ist nicht DER Kern der Weisheit, sondern nur EINE Form der Intelligenz. Denn die Weisheit hat tatsächlich nicht viel mit „zweifeln“ zu tun.

 

Der Zweifel ist ein wichtiges Besteck-Teil des Verstandes. Aber die Weisheit hat nicht so sehr viel am Hut mit dem Denken. Ich würde dein Ansinnen heute so formulieren:

 

Zwei Kerne der Vernunft sind

nüchtern sein und...  zweifeln.

 

 

-ڿڰۣ-ڰۣ——

 

 

 

Wahrheit

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Einwand: "Alles was wir Wahrheit nennen, ist das Ergebnis menschlicher Denkvorstellungen (Konstrukte, Bilder, Illusionen etc.). Das "Ding an sich" (Kant) wäre die Wirklichkeit, wie sie unabhängig von aller Erfahrungsmöglichkeit als absolute Realität existiert."

 

Wir müssen zwischen 

  • Benennung (Name für etwas) und

  • theoretischem Denk-Modell oder -Konstrukt

unterscheiden, sonst ist hier kein Verstehen möglich.

 

Deine beiden Sätze über die Wahrheit beziehen sich auf theoretische Modelle. Mit ihnen beschäftigen sich die Intellektuellen.

 

Die Weisheit ist aber un-intellektuell, sie beschäftigt sich mit Praktischem. Sie kümmert sich um keinen Kant, der „das Ding an sich“ begreift, oder nicht.

 

Da aber nur der eine Begriff „Wahrheit“ – undifferenziert – in beiden Abteilungen verwendet wird, kommt es zu Verwirrung.

 

Die

Wahrheit der

Weisheit ist nicht denkbar,

sondern... unmittelbar erkennbar.

 

Noch mal zum Satz des Epicharmos – in heutiger Sprache formuliert. „Nüchternheit“ steht für die Abwesenheit von Emotionen und Ego-Ambitionen. 

 

Kerne der Vernunft sind...

Nüchternheit und Zweifel.  

...eine Veredelung der "Vernunft".

 

Zum Problem der Benutzung von nur einem Wort für verschiedene Phänomene: Es geht um den Begriff „Wahrheit“. Konfusion entsteht durch eine willkürliche Verwendung der Begriffe. Eine erste Differenzierung:

 

"Wahr" im Feld der... 

  • Sinne: "wirklich".
  • Justiz heißt "Fakten".
  • Logik nennt man „schlüssig“.
  • Forensik wird "bewiesen" genannt.
  • Mathematik heißt: Die Lösung ist „richtig“.
  • Moral gilt als „wahr(haftig)“, "ehrlich", "authentisch".
  • Ingenieurs-Wissenschaft bedeutet ganz einfach: „Es funktioniert“.
  • experimentellen Wissenschaft wird „überprüfbar“ und „nachvollziehbar“ genannt.

 

Allein hier handelt es sich schon um acht verschiedene „Formen“ von „Wahrheit“ – von wie vielen? Wir brauchen vielleicht nicht ganz so viele differenzierende Begriffe, wie die Eskimos allein für „Schnee“ benutzen, aber ein einziger... reicht nun wirklich nicht aus! Apropos „wirklich“:

 

  •  Wirklichkeit bezeichnet materielle Phänomene.

  •  Wahrheit bezieht sich auf immaterielle „Phänomene“.

 

DIE Wahrheit...

gibt es gar nicht.

 

Nur ein Teil – dessen, was wir mit dem Begriff „Wahrheit“ verbinden – ist objektivierbar und kommunizierbar. 

 

  

Eigenschaften der Wahrheit

 

 

-ڿڰۣ-ڰۣ——