Gedankenfreiheit - gibt es solche ?
„Die Gedanken sind frei...“
...singt Hoffmann von Fallersleben
Oberflächlich gesehen... sieht es so aus, als hättest du Recht damit. Auf den ersten Blick mag es uns so erscheinen, als seien wir in unserem Denken völlig frei. Wenn wir aber mal etwas genauer hinsehen, werden wir feststellen, dass wir in dieser Annahme einem Irrtum aufsitzen...
Gedankenfreiheit ist eine sympathische Idee – mehr aber nicht.
1. - Denn dazu müssten wir
-
bewusst sein und
- unsere Konditionierungen (er-) kennen können, durch deren Filter sich unser Denken wurschtelt. Es müssten uns
- alle angelesenen Texte (Fremddenken) zum aktuellen Thema (damit wir sie von eigenem Denken unterscheiden könnten) bewusst sein.
2. - Wir können uns „anstrengen“, wie wir wollen:
Es
sind uns keine
anderen Gedanken möglich
als die, die uns tatsächlich erreichen.
Auch darin liegt also – von unserer Seite aus gesehen – keine Freiheit.
3. - In einem anderen Sinne sind die Gedanken frei, aber diese „Freiheit der Gedanken“ belegt nochmals unsere Unfreiheit in Bezug auf „unsere“ Gedanken: Sie sind frei in dem Sinne, dass wir keinerlei Kontrolle über sie haben: Sie kommen und gehen nach Belieben – unkontrolliert und bedeutungslos, eine Assoziation nach der anderen. Erst, wenn wir bewusst sind, stoppt die Kette plötzlich und... es ist still.
Gedanken . . . beobachten
Wir haben die Möglichkeit, einfallende Gedanken zu beobachten. – Das war´s dann aber auch schon.
Wir haben keinerlei Möglichkeit,
auch nur einen einzigen Gedanken
zu denken, der nicht gedacht sein will.
Mit unserem Willen sind wir hier am Ende.
Apropos: Willensfreiheit
Überschätzung
„Das Denken ist das Sein.“
... meint Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Das ist Quatsch. Eher noch macht der Satz: „Coito, ergo sum“ einen Sinn (aber auch der trifft es nicht wirklich 😉)
Das DENKEN ist nicht
die Mutter aller Dinge.
Es wird – in seinem derzeitigen Pendel-Ausschlag – maßlos überschätzt. Das Denken hat, genauso wie der Stoffwechsel, seine untergeordnete Funktion. In ihrer organischen Funktion sind beide lebensnotwendig. Aber keins von beiden ist wichtiger als das andere
Übrigens ist auch das Vergessen-können... lebenswichtig.
Einwand: "Wir können das NICHTS nicht denken".
Die Kongruenz dieses Satzes mit der Wirklichkeit vorausgesetzt, zeigt er uns die grundsätzliche Begrenztheit des Verstandes, die Endlichkeit der Möglichkeit, begreifen zu können.
Ja, das Nichts ist undenkbar.
Und dieses Verstehen wiederum hilft uns, vom Verstand einen gewissen Abstand zu bekommen, nicht mit ihm identifiziert zu sein. Es bietet die Möglichkeit, ihn als das zu sehen, was er ist: Ein zwar sehr nützliches, aber ein in seinen Einsatz-Möglichkeiten auch begrenztes Werkzeug.
Jedes Werkzeug ist nur so nützlich, wie sowohl seine MÖGLICHKEITEN als auch seine GRENZEN klar gesehen werden können.
Anpassungsleistungen
Es lohnt sich bereits, die eigenen Tabus, die eigenen Zurückhaltungen, die eigenen Zurücknahmen zu beobachten. Und ebenso... das eigene Denken.
Wir haben keine Gedankenfreiheit.
Davor bewahrt uns unsere die Selbstzensur.
Bloß nicht auffallen !
Zumindest in der Öffentlichkeit verwenden wir (fast) die meiste Energie darauf, nicht „aufzufallen“ und um so gesehen zu werden, wie wir gesehen werden wollen. Das gilt auch für die „Punks“, also für jeden !
Und dann gibt es noch die enge Struktur, die wir MORAL nennen.
Die im Außen stattfindenden Einengungen sind marginal, gegenüber denen, die wir uns selbst auferlegen. Allerdings ist einiges an Bewusstheit und eine gute Portion Mut zur Wahrheit nötig, will man die gut getarnten Selbst-Beschränkungen erkennen.