Charakter

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„Wissen gibt Ihnen Macht, aber der Charakter verschafft Ihnen Respekt und Anerkennung.“

– Bruce Lee

 

Auf den ersten Blick klingt das einleuchtend, lieber Bruce. Kann es sein, dass du unter „Charakter“ so etwas wie die geistige Reife eines Menschen verstehst?

 

Charakter bezeichnet das „typische“, Verhalten eines Menschen, was seine Vergangenheit betrifft. Und für die Zukunft erwarten wir ein dem entsprechend ähnliches Verhalten in vergleichbaren Situationen.

 

Letztlich erwarten wir, dass der Mensch vorhersagbar sei.

 

Sofern es sich um den unbewussten Menschen handelt, trifft das auch größtenteils zu. Bei ihm funktioniert die Konditionierung bis auf vergleichsweise wenige Ausreißer... vollautomatisch.

 

An der Elle der Geistigen Reife gemessen, ist der „Charakter“ aber nicht von hohem Wert, da er nur die Anpassungsfähigkeit und die Vorhersagbarkeit positiv bewertet. Denjenigen, der bei dieser Bewertung durchfällt, nennen wir „charakterschwach“. Aber...

 

Der

bewusste Mensch

ist nicht vorhersagbar.

 

Der bewusste Mensch reagiert nicht gemäß seiner Konditionierung automatisch, also vorhersagbar; er kann sie als solche sehen und ist damit nicht an sie gebunden – er ist frei.

 

Das Interesse an Macht über Andere ist selbstverständlich ebenfalls ein deutliches Zeichen für die Unreife eines Menschen.

 

Das gleiche gilt für Menschen, die auf Respekt und Anerkennung aus sind, lieber Bruce. Sie unterscheiden sich bezüglich ihrer Geistigen Reife nicht wesentlich. 😉

 

Wissen, Macht und Charakter haben zwar einen hohen gesellschaftlichen Nützlichkeitswert, jedoch erst...

 

Weisheit, Ehrfurcht und Bewusstheit sind Zeichen für einen hohen Grad an Reife.

 

Einwand: ...dass auch die Entscheidungen des bewussten Bewusstseins erst unbewusst getroffen werden.“

 

Hier liegen einige Missverständnisse vor:

  1. Das Bewusstsein trifft weder bewusste, noch unbewusste Entscheidungen — also gar keine.

  2. Das Bewusstsein ist immer bewusst.

  3. Bewusste Entscheidungen, bewusstes Denken, bewusstes Handeln, alles das weist einen Menschen hoher Geistiger Reife aus, aber alles bewusste Tun hat nichts zu tun mit dem Bewusstsein.

 

Du kannst es ja mal beobachten, indem du für eine bestimmte Zeit (stell die Eieruhr) in allem was du tust oder nicht tust, achtsam bist. Was immer du denkst, fühlst, empfindest oder tust, beobachte es einfach. Nach einiger Zeit wirst du bemerken, dass es eine „Instanz“ gibt, die dich beim all dem und auch beim Beobachten „beobachtet“. Das ist das... Bewusstsein. 

 

Einwand: „Also läuft auch das Bewusstsein am Ende automatisch ab.“

 

Dir wird klar, dass das Bewusstsein auch nicht „abläuft“, dass es sich und auch sonst nichts verändert, dass es nichts „tut“, sondern nur „spiegelt“.

 

Verlaß dich nicht auf das, 

was du liest. Sieh´ selbst.

"Ohne Leiden bildet sich kein Charakter."

 

― Ernst Freiherr von Feuchtersleben

  

 

 

https://little-zensations.tumblr.com/post/106712121690
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Die Natur des Menschen

 

  

Der Charakter offenbart sich nicht an großen Taten; an Kleinigkeiten zeigt sich die Natur des Menschen.

 

...sagt Jean-Jacques Rousseau

 

Man kann in etwa erahnen, lieber Jean-Jacques, was du wohl unter „Charakter“ verstehst, unter der „Natur des Menschen“, aber...

 

In Wirklichkeit... 

gibt es keinen Charakter.

 

Hinter seinem Begriff steht die Idee, dass der Mensch in seiner Art zu werten und zu handeln, fixiert sei. Dass er sich in einer festgelegten Spur befände, dass es sich lediglich entweder um einen „guten“ oder um einen „schlechten“ Charakter handele. Aber dem ist nicht so. Denn...

 

Der Mensch ist frei !

(Allerdings weiß das kaum jemand. 😊

 

Denn solange ein Mensch unbewusst ist, bleibt er meist in seiner eingefahrenen Spur, ist er im Reden und Handeln gewissermaßen einschätzbar, vorhersagbar.

 

Daraus schließen wir fälschlich, dass wir ihn „kennen“, dass er berechenbar sei. An dieser Idee – der Unfreiheit des Menschen – erfreut sich unser Kontrollbedürfnis, dessen Basis die ANGST ist.

 

Aber manchmal heißt es: „Das hätte ich nie von ihm gedacht!“ Dann hat jemand die Schiene verlassen, ist ausgespurt, bekommt dafür den Zorn der Gesellschaft zu spüren. Man spricht jetzt von einem sehr schwachen oder schlechten Charakter.

Beim unbewussten Menschen greift hier dann auch noch die Konditionierung „Schuld“: Er fühlt sich schuldig.

 

Einen bewussten Menschen, der sich nicht im Rahmen des Kanons unserer Werte bewegt, nennt man vielleicht charakterlos – was die Sache sehr genau träfe – meint es aber ebenso anklagend.

 

Der bewusste Mensch

ist seiner Natur nach

charakterlos.

 

Er ist kein Opfer solcher Art Zwänge, auch dann nicht, wenn er zeitlebens nicht an den Ordnungsstrukturen rührt und alle Verhaltens-Erwartungen erfüllt.

 

Er befindet sich selbst dann jenseits dessen, was wir Charakter nennen, wenn andere ihm einen guten solchen attestieren.

 

Bewusstheit

wirft uns sofort aus der Spur,

sie zeigt uns unsere Freiheit,

sie macht uns unkalkulierbar.