Schuld – ein christ-kirchlicher Pfeiler
Das Christentum und ihre Kirchen verstehen eine Menge von den Mechanismen zur Anwendung der Psychologie der Macht.
Jeden Morgen vor Schulbeginn hatte ich, wie auch (fast immer) alle anderen Mitschüler, in der Sieben-Uhr-Messe u.a. das Mantra...
Mea culpa, mea maxima culpa
„Durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld“
...zu zitieren. Das sitzt dann tief. So schafft man sich gewünschte Abhängigkeit.
Der christlichen Kirche kann „unsere Schuld“ offenbar nicht groß genug sein. Und sie hat es dann – mittels des Sakramentes der Beichte und ihrer „Priester“ – in der Hand, Vergebung zu erwirken: "Ego te absolvo a peccatis tuis." "Ich vergebe dir deine Sünden."
Erst erschafft sie die Belastung der „Schuld“, um dann im Beichtstuhl gnädig Entlastung anzubieten – aber nur aus ihren Händen, versteht sich!
So bekommt sie ihre „Schäfchen“ gut unter Kontrolle.
Vom Lebensbeginn an bis zum Lebensende wird für die Aufrechterhaltung des Abhängigkeitsverhältnisses gesorgt: Mit dem Sakrament der Taufe soll eine angebliche „Erb-Schuld“ getilgt werden und auf dem Sterbebett erfolgt dann schlussendlich das Sakrament der Letzten Ölung.
Dazwischen erfolgen die permanenten Hypnotisierungen in den vermeintlichen Status der „Schuld“ und dort hinzu kommen dann auch noch die regelmäßigen Drohungen mit „Höllenfeuer“ und „ewiger Verdammnis“.
Allerdings werden für später aber auch himmlische Freuden versprochen – Wohlverhalten und Gehorsam auf der Erde sind dafür jedoch strenge Voraussetzung!
Das alles ist ein Verrat
..an der Priesterschaft.
Die christliche Missionierung ist letztlich nichts anderes, als die permanente Suche nach Opfern mit der Bereitschaft zur ständigen Abhängigkeit von den „Priestern“.
Das christlich-kirchliche Engagement in den vorschulischen, schulischen, den medizinischen und sozialen Brennpunkt-Bereichen hat die wirkungsvolle Funktion, nach Innen und Außen das „Gute Ansehen“ zu schaffen und zu erhalten.
Die damit mögliche begleitende Indoktrination, besonders der Kinder und Jugendlichen, ist auch bei den säkularen „Eliten“ gegeben, nämlich durch die kirchlich geführten entsprechenden Bildungseinrichtungen wie Schulen, Internate, Universitäten u.a.
Sakrament bezeichnet eine Art kultischer Handlung mit einer hohen („heiligen“) Bedeutung. Für die Katholiken gibt es sieben Sakramente; drei davon wurden hier erwähnt.
Auf der Suche nach der Schuld
Adolf Eichmann bekam in der Jerusalemer Gefängnis-Zelle von einem Wärter Nabokovs Roman "Lolita" zu lesen. Er nannte es "ein sehr unerfreuliches Buch".
Hannah Arendt war im Jerusalemer Gerichtssaal auf der Suche...
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nach Verstehen
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nach dem Bösen
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nach der Schuld
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nach Verurteilung
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nach Vergeltung
Es könnte aber sein, dass es einiges gibt, das wir nicht verstehen können. Zumindest so lange nicht, wie wir uns an das „alte Denken“ klammern.
Und es könnte auch sein, dass es das „greifbare“ Böse gar nicht gibt.
Und es könnte ebenfalls sein, dass es auch keine Schuldigkeit gibt, dass wir uns auch von dieser Idee verabschieden müssen.
Das würde aber bedeuten, dass wir mit unserer Idee von Strafe, von Vergeltung, von Rache völlig falsch liegen. Dabei geht es ja eh nur um unsere „Befriedigung“. Einen weiteren Nutzen... hatten sie noch niemals.
Die Verurteilung (Punkt 4) hat Hannah Arendt bekommen, sie wurde vollzogen; die Vergeltung (Punkt 5) auch. Zufrieden war die Frau aber dennoch nicht.
Die Suche...
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nach Verstehen,
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nach dem Bösen,
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nach der Schuld,
die Suche nach diesen drei blieb für sie – trotz des umfangreichen Studiums auch im Gerichtsaal – weiterhin offen.
Intellektuelle Arroganz
ist dabei unüberhörbar.
Was wir nicht verstehen, verspotten wir gerne.
Eine Art „Übersprunghandlung“, ein Ausdruck der Hilflosigkeit.
Wir können nicht alles von
jedem Verstand erwarten.
Damit befänden/befinden wir uns jenseits der sogenannten Realität. Wir müssen uns damit beschäftigen, dass es beim Menschen viele ganz unterschiedlich funktionierende Formen von Verstand gibt.
Die Komposition der Verschiedenheiten erst, macht das ganze Bild.
Um die „Verstände“ differenzieren zu können, ihre Möglichkeiten und Grenzen erkennen zu können, dazu bedarf es der Intelligenz.
Wenn wir also etwas mehr als bisher verstehen wollen und wenn wir uns intelligent benehmen wollen, müssen wir...
- die ENGE des Verstandes sehen,
- das Sehen akzeptieren und
- seine Enge überwinden wollen.
Ab 1938 leitete Adolf Eichmann die Zentralstellen für jüdische Auswanderung in Wien und Prag, 1939 war er Leiter der Reichszentrale für jüdische Auswanderung in Berlin und Referatsleiter für „Judenangelegenheiten“ im Reichssicherheitshauptamt. Ab 1940 war er während des gesamten Dritten Reichs mit der „forcierten Auswanderung“ , etwa nach Madagaskar oder Nisko und den planmäßigen Deportationen in Konzentrations- und Vernichtungslagern und deren praktischer Umsetzung in ganz Europa befasst. Er besuchte das Warschauer Ghetto und verschiedene Lager, darunter das KZ Auschwitz. In den meisten der von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiete organisierte er die Transporte. 1942 nahm er als Protokollführer an der Wannseekonferenz teil, in der über die „Endlösung“ der Judenfrage beraten wurde. Später organisierte er zwei Folge-Konferenzen.
– Wikipedia
Ein Mann wie Edward Teller hat die beeindruckende Verstandes-Kapazität, eine Bombe zu entwickeln, die in der Lage ist, die ganze Erde zu zerstören, versagt aber kläglich, wenn er weit „einfachere“ Dinge tun soll, z.B. eine Kindergruppe betreuen.
Ein Mann wie Adolf Eichmann hat die beeindruckende Verstandes-Kapazität, die Deportation der Juden aus ganz Europa logistisch zu organisieren und durchzuführen, ist aber zu vielen kleinen Dingen, die uns und anderen ganz selbstverständlich sind, unfähig.
Eichmann, Teller – zwei sehr unterschiedlich funktionierende Verstände. Aber beide Männer hatten einen starken, logisch funktionierenden Verstand, jedoch nur wenig (oder gar keine) Fähigkeit zur Empathie.
Aber genau das eine, in Verbindung mit
dem anderen, machte ihr Vermögen aus.
Und bestimmte Leute mit bestimmten Absichten – in einer bestimmten zeitlichen Konstellation... stellten diese Männer wegen genau dieser Mischung aus Kompetenz und Inkompetenz, ein.
Wenn wir andere beurteilen, dann beurteilen wir sie stets nach unseren eigenen Idealen. Das ist nicht richtig. Wir sollten andere nach ihren eigenen Idealen beurteilen.
– Swami Vivekananda
In diesem Sinne – und in Wirklichkeit – ist auch Adolf Eichmann „unschuldig“ zu nennen.
Er hat in Übereinstimmung mit den Idealen seiner Zeit und seiner psychologischen Umgebung „richtig“ gehandelt, so wie jeder Soldat, der zur selben Zeit und im selben Umfeld, der vermeintlichen Notwendigkeit, gehorchen zu sollen, vertraut und also auch getötet hat.