Zitate der Anna Dix

 

  

An jedem vollkommenen Kunstwerk hat der Charakter so gut sein Teil, als das Genie.

  

Berühmtheit kann gekauft, Ruhm muss erworben werden.

  

Bleibende Siege werden nur mit reinen Waffen errungen.

  

Das ereignisreichste Leben ist durchaus nicht unbedingt das gehaltvollste.

 

Das frohe Bewusstsein

des eigenen Wertes

schließt die wahre Demut nicht aus.

  

Das Gesetz der Freiheit ist die Liebe.

  

Das Sichtbare ist Wirkung.

Die großen Ursachen

walten unsichtbar.

   

Das sind die Glücklichen, denen das Gegebene für erwünscht, das nicht zu Erlangende für entbehrlich gilt.

  

Das Wissen nützt. Die Liebe hilft.

  

Den höchsten Mysterien des Lebens nähern wir uns nur durch Ehrfurcht und Hingebung. 

  

Denke gut von den Menschen, – das heißt: führe nicht alle ihre Fehler auf Herzensbosheit zurück.

  

Der Geist strebt, das Herz sehnt sich. 

Der Geist erkennt, – das Herz begreift.

  

Dichtungen sind Gedanken der Seele.

  

Die empfindlichsten Ruten pflegen wir Menschen uns selbst zu binden.

  

Die Erziehung hat an der Stelle einzusetzen, wo die unberechtigte Eigenheit und die berechtigte Eigenart einander berühren.

  

Die Toten schweigen nicht. Was du ihnen schuldest, das fordern sie. Was sie durch dich gelitten, das klagen sie. Oder ist es deine eigene Seele, die dich verklagt? Gibst du den Rastenden Blick und Stimme? Du weißt es nicht. Weißt nur, dass du sie vernimmst, geheimnisvoll, wie die Stimmen der Stille, – machtvoll, wie das Unerforschliche, dessen Herrschaft du ahnend empfindest.

  

Du glaubst, ein großes Glück tragen zu können, – und versagst in einem kleinen Schmerze?

  

Du wirst der Vergangenheit

künftig noch oft begegnen,

– in ihren Früchten.

  

Echte Erfahrung verbittert nicht. Sie läutert.

  

Echte Hoffnung ist Lebenskraft.

  

Einer der sichersten Gradmesser der

Herzensbildung ist die Dankbarkeit.

  

Erfahrung macht demütig.

  

Erst, wenn wir des Lebens Ernst erfahren haben, erwachen wir zum bewussten Verständnis seiner Freuden.

 

Es liegt ein Trost für schwere Tage in der Erfahrung der Unberechenbarkeit innerer Zustände.

  

Es schüchtert uns leicht eine Pistole ein, die nicht einmal geladen ist.

  

Füge dich dem Ganzen,

so fügt sich dir das Einzelne.

  

Gedanken sind verarbeitete Eindrücke.

  

Geh' in die Stille, – so kommt vieles in dir zu Worte.

  

Glücklich,

wer Geselligkeit liebt,

ohne sie zu brauchen.

 

Heilige das Leben, auf dass der Tod dir milde sei.

 

Herbstliche Rosen duften Wehmut.

 

Hüte dich, Beobachtungen für Erfahrungen zu halten!

 

Ihr könnt die Rose in den Staub treten, – den Himmel trägt sie doch im Kelche.

 

In einer rechten Ehe muß mit dem sicheren Bewußtsein verläßlichen Besitzes doch ein zartes Werben Hand in Hand gehen.

 

In gleichem Grade, als die Genusssucht sich steigert, nimmt die Genußfähigkeit ab.

 

In unsren besonderen Gaben ruhen uns're besonderen Aufgaben.

 

Jedes Erkennen bedeutet ein Erwachen. 

 

Klugheit kann auf Erkenntnis oder – Instinkt beruhen.

 

Lass dich vom Leben bilden, – dann bilde dir dein Leben.

 

Liebe ist Heimat-Suchen.

Liebe ist Heimat-Geben.

 

Licht ersetzt kein Glanz.

    

Mache das Herz nicht verantwortlich für das, was die Begehrlichkeit verschuldet.

 

Mancher hat vielleicht nur

darum kein Glück in der Liebe,

weil er zu viel Glück bei Frauen hatte.

 

Misstraue der Begeisterung, die sich nicht in Tatkraft umzusetzen vermag. 

 

Naivität... ist der Ausgangs-

und Gipfelpunkt der Kunst.

 

Nicht allen ist zu schaffen vergönnt. Wirken aber kann jeder. 

 

Nicht jede große Seele ist rein, aber jede reine Seele ist groß. 

 

Nur die Großen kennen die Grenzen ihres Könnens, – und nur die Größten – respektieren sie immer.

 

Oh, schau ins Licht, so oft die Schatten dich umdüstern wollen.

 

Ruhe in der Bewegung ist das erhabene Gesetz auch des geistigen Lebens.

 

Sei mäßig, – und du ersparst dir Versuchungen.

 

Selig, wessen Erinnerungen Hoffnung wecken.

 

Stil bedeutet die Harmonie zwischen äußerer Lebensform und innerer Wesensart.

 

Tugenden, die ihn belästigen, verzeiht mancher dem Freunde schwerer, als Mängel, die ihm gelegen kommen.

 

Unempfindlichkeit ist zuweilen die empfindlichste Revanche.

 

Vergnügungen

sind entbehrlich.

Freude ist notwendig.

 

Viele verstehen es, ein Haus zu machen, – aber nur wenige, ein Heim zu gestalten.

 

Wahre Vernunft ist eine vortreffliche Erzieherin des Herzens.

   

Warum sollten wir uns des Irrtums schämen,

wenn wir den redlichen Willen haben,

die Wahrheit zu finden?

 

Nicht jedes Wissen, – aber jedes Streben adelt.

   

Was nützt die "Aufklärung", wenn sie nicht zur Klärung führt.

   

Wem Erfolge schaden, der verdient keine.

   

Wenn die Jugend ohne Feuer war, wird leicht das Alter ohne Wärme sein.

  

Wenn die Unabänderlichkeit einer Tatsache uns schreckt, so tröste uns die Veränderlichkeit unserer Auffassungsweise.

  

Wenn du das Höchste erstrebst,

so lerne im Herzen bedenken:

Jeder noch hat sich geneigt,

welcher die Krone empfing.

 

Wer den Schmerz fürchtet, verdient die Liebe nicht.

 

Wer die Schule des Lebens verschmäht, tut dies auf eigene Gefahr, in Bezug auf Erkenntnis des Lebens ein blinder Tor, - auf Kunst des Lebens ein Stümper zu bleiben.

 

Wer seine Schwächen streichelt, den geißeln sie zum Dank.

 

Wer viel zu geben hat, hat viel empfangen.

  

Wie bleich scheinet das Flämmchen, das du an sonnigem Tage entzündest! Verachte es nicht. In tiefer Nacht ist dir's Wohltat und Leuchte.

  

Wie groß muss die Kunst sein, um schlicht sein zu dürfen.

  

Wie ist der Lärm der Welt an Werten, ach, so leer!

Wie ist die Stille, Herz, von Segenskräften schwer!

  

Wie viele Feste

werden begangen.

Wie wenige gefeiert!

 

Wir müssen uns dem Leben hingeben, wenn es uns befruchten soll.

 

Wo Liebe – da Ewigkeitsglaube.

  ― Anna Dix

 

 

  

Ostern naht! Die jungen Knospen schwellen.

Rauschend zieht der klare Bach zu Tal.

Schimmernd spielt auf den bewegten Wellen 

Hoffnungsgoldner Frühlingssonnenstrahl.

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Der edle Künstler hat sein Werk vollendet, 

Sein stolzes Werk. Er fühlt: es ist gelungen, 

Der spröde Stoff im höchsten Sinn bezwungen.

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Das Lied eines Lebens

 

Es ist in kleines alltägliches Lied,

Und doch das Lied eines Lebens:

Der Frühling kam − und der Frühling schied,

Ihn klagte ein Herz vergebens.

 

Es weinte ihm nach, dem entschwundenen Mai,

Es hat sich blutend verschlossen −

Der Sommer, der freundliche, eilte vorbei,

Vorüber ungenossen.

 

Nun ward es Herbst! Die Rosen verblüht, −

Sie blühten, verblühten vergebens −−

Es ist ein kleines alltägliches Lied, 

Und doch das Lied eines Lebens.

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Mondnacht

  

Kannst du von Sehnsucht wissen, 

Kühles, silbernes Mondenlicht?  

Ich finde auf heißen Kissen 

Den Schlummer nicht. 

 

Mit dir und deinen Sternen 

Ist wunschlos-stille, heilige Macht. 

Wird sie mein Herz erlernen, 

Das ringend wacht?  

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Schmerz

 

Seinen Quell hat der Fels −

Aber mein Schmerz ist tränenlos.

 

Und der Adler hat seinen Schrei,

Wenn er mit weit ausgreifender Schwinge

Vom Horste sich hebt,

Wenn er mit gierigem Fang sich krallte

In des Äthers schimmernde Bläue ...

 

Aber mein Herz ist groß und still,

Wie die hoch aufragenden Gletscher

Im reinen Mondlicht.

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Die Weihnachtstanne duftet durchs Haus!

Sie duftet so würzig − so eigen.

Erinnerungen geh'n leise aus

Von ihren prangenden Zweigen.

Und die Kerzen strahlen in Herrlichkeit

Wie zur Jugendzeit − wie zur Kinderzeit.

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Die Welt ist alt in ihren Urbeständen, −

Doch ewig jung in Bildung frischer Sprossen,

Darin der Keim des Lebens tief beschlossen,

Zu neuer Eigenart sich zu vollenden.

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In Gedenken

 

Der Herbst ist über mir.

O Duft von welkem Laube!

Mein Blick ist schwer von Tränen.

Ich sende meine stummes Sehnen

Wie eine weiße Taube

Hinaus zu dir.

 

Wie liebte dich das Leid!

Wie stolz hast du getragen!

Ich will um deine Wunden

Zu seligem Gesunden

Der Treue Purpur schlagen

Als königliches Kleid.

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Lieber Sonntag, sei uns freundlich

Nach der grauen, langen Woche!

Zart mit goldnem Sonnenfinger

Morgens mir ans Fenster poche.

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Nun will die Augen schließen

Die schlummerstille Welt.

Wie goldne Blumen sprießen

Die Sterne auf am Himmelszelt.

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Genie und Zeit

 

Das schöne stolze Weib, die rasche Zeit,

Verlachte jeden, der um sie gefreit.

 

Da kam ein schlanker Bursche einst gestreift,

Mit ros'gen Wangen, kaum zum Mann gereift.

 

Sie ward ergebungsvoll sein Eigentum. −

Nun hilft sie still vergrößern seinen Ruhm.

 

"Wer bist du, Hehrer?", schüchtern fragte sie −

Er aber küsst sie lachend: "Das Genie!"

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Wunsch

 

Schaut, wie die Sonne dort im Scheiden

Den Himmel purpurn überhaucht,

Mit sanftem Abschiedskuss die Weiten

In eine Flut des Lichtes taucht.

 

Also, mein bestes Selbst verblutend,

In heil'gem Frieden, still und schön,

Mit Segen alles überflutend

Möcht' einst auch ich von hinnen gehn.

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Klage nimmermehr der Schranke,

Die hienieden dir gesetzt −

Frei erhebt sich der Gedanke,

Blieb das Herz dir unverletzt!

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Wie ist die Wirklichkeit so nüchtern!

Wie so trocken und verstaubt!

Selten nur, und ach, so schüchtern

Hebt Begeisterung das Haupt.

Feuer, Feuer in die Kehle!

Feuer, Feuer ins Gemüt,

Dass der edle Stahl der Seele

Wieder rote Funken sprüht!

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Es liegt ein Klebestoff im Bier,

Der haftet fest am Alten.

Der Bierphilister blieb hierfür

Als Beispiel uns erhalten.

Zum Teufel, wer nach Neuem strebt!

Es lebe, was bisher gelebt!

Der Bierphilister sitzt und klebt

An seinem Stammtisch feste!

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Kleine Blume

 

Kleine Blume an meinem Pfad

Die mein achtloser Fuß zertrat,

Was ich fehlte, ich mach' es gut:

Sollst mir schmücken den Wanderhut.

 

Sollst mich mahnen, wie flücht'ge Hast

Oft schon sinnige Lust verpasst,

Achtlos sonniges Glück zertrat, −

Kleine Blume an meinem Pfad. 

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Lenz im Friedhof

 

Frühling schweift auf leisem Fuß

Durch des Todes stillen Garten.

Bringt des Lebens Hoffnungsgruß,

Künft'ger Wonne froh Erwarten.

 

Nicht den Gräbern heimlich zu,

Und er streut mit sanften Händen

Auf die Stätten tiefer Ruh'

Seine frischen Blumenspenden. 

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Alte Lieder

 

Wenn die Welten schlafen gehn,

Alte liebe Weisen

Tief im Herzen auferstehn,

Still und ungeheißen.

 

Fliehen vor der Sonne Blick

Morgens wohl nach oben,

Aber lassen stets zurück

Einen Hauch von droben.

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Glück

 

Man malt das Glück zumeist als stolzes Weib,

In Purpurpracht gehüllt den holden Leib,

Mit offner Hand, die junge Rosen streut. −

 

Ich aber denke mir's: Ein lachend Kind,

Das seine Locken zausen lässt vom Wind,

Und sich am grauen Regenhimmel freut.

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Ernüchterung

 

Hatte ein Märchenbuch gelesen,

Ein schönes, verschrobenes Märchenbuch −

Wusste selber nicht, wo ich gewesen,

Nachdem ich die Blätter zusammenschlug.

 

Wähnte mich in der Feen Mitte,

Träumerisch schaukelnd auf plätscherndem See −

Und saß doch mit meiner Butterschnitte

Auf dem lederbezogenen Kanapee!

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Eiche und Rose

 

Es hat sich eine Rose gerankt

An eine alte Eiche.

Da haben leise gebebt, geschwankt

Die zeitbewährten Zweige.

 

Die Eiche hat nie im Sturm gewankt,

Kein Blitz hat sie erschüttert −

Doch als doch zu ihr die Rose gerankt,

Da ist sie leise erzittert.

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Trost im Altern

 

Es dunkelt schon. Die Sterne schauen trübe,

Des Tages Klänge schweigen und verhallen −

Lass mich die Hände auf den deinen falten, −

Des Alters Stachel raubt allein die Liebe!

 

Wie reich die Lieder dir am Herzen fluten!

O sei gewiss, mein Freund, mein Trautgefährte,

Dass ich im weißen Haar dich lieben werde

Noch brünstiger, denn einst in Jugendgluten. 

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Es gibt ein Weinen, das nicht tränen hat,

Das ist das herbste, allerschwerste Weinen.

Dann ist das Herz so weh, so todesmatt

Und sieht die goldne Sonne nicht mehr scheinen. 

Anna Dix