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Liebe & Imperativ

 

 

            Aus den hintersten Winkeln

            meiner Erinnerung hervor-

            gekramt und nacherzählt...  

 

 

 

          Dies erzählt man sich vom Alten Fritz:  

 

Er war ein bisweilen harscher und unberechenbarer Zeitgenosse!

        

   Die Bürger hatten also wenig Neigung, ihn irgendwo im Land zu treffen, wußte man doch, daß er mitunter auch inkognito unterwegs war. 

   Eines Nachts, ein Bürger war noch in den Straßen der Stadt unterwegs, als dieser weiter hinter sich Schritte hörte, die vom "tack, tack, tack..." eines Krückstocks begleitet wurden.

   Der Bürger ahnte sofort, wer dort hinter ihm schritt und schlich sich flugs in die Ecke eines Hauseingangs, um nicht vom Schein der Straßenlaterne erfaßt zu werden.

   Die harten Schritte kamen immer näher und plötzlich stand der Verfolger direkt vor ihm.

   "Was denkt er von seinem König?", fragte dieser unvermittelt mit harter Stimme den verängstigten Mann.

„Er achtet ihn", antwortete der Mann wahrheitsgemäß, aber leise.

   "Er achtet ihn...", wiederholte der Alte Fritz und seine Stimme wurde allmählich etwas drohender: "Lieben soll er mich! Lieben soll er mich! Lieben soll er mich!..."

   Und mit jedem: "Lieben soll er mich!" drischt der König hart mit seinem Krückstock auf seinen armen Untertanen ein... 

 

Selbst ein Kriegsherr und König

bleibt beim Einfordern von Liebe

erfolglos. Hier muß er scheitern.

 

Spätestens hier.

 

Liebe kann nicht eingefordert werden.

Frieden kann nicht eingefordert werden. 

Vertrauen kann nicht eingefordert werden. 

 

 

 

 

Aberglaube

 

 

Der Aberglaube ist ein Kind der Furcht, der Schwachheit und der Unwissenheit.“

...sagt Friedrich der Große

 

Ja, aber das gilt für jeden (religiösen) Glauben.

 

Der Glaube ist ein

Zweig der Furcht.

 

Der Mutige stellt sich der Wahrheit, stellt sich dem, was tatsächlich ist, ohne jedes Hilfsbild - welches letztlich ja nicht mehr ist, als der Teddy in den Armen eines ängstlichen Kindes.

 

Der Glaube ist per se ein Kind der Furcht,
der Schwachheit und... der Unwissenheit.

 

 

 

 

Das Licht der Wahrheit

 

 

Die Wahrheit hat weder Waffen nötig, um sich zu verteidigen, noch Gewalttätigkeit, um die Menschen zu zwingen, an sie zu glauben. Sie hat nur zu erscheinen, und sobald ihr Licht die Wolken, die sie verbergen, verscheucht hat, ist ihr Sieg gesichert.

~ Der Alte Fritz

 

Die Sprache des Kriegers: "Waffen, Verteidigung, Gewalttätigkeit, Zwang, Verbergen, Verscheuchen, Siegen, Sichern". 

 

Aber ja, so ist es.

 

Es genügt ein bißchen Courage, ein bißchen Klarheit, die du inmitten des Kriegsblechs auch selber schon vorsichtig angedeutet hast. 

 

Es muß nichts erstritten werden. Wahrheit hat eher zu tun mit loslassen und mit sehen.

  

 

 Die Schnupftabaksdose

 

Es war eine Schnupftabaksdose,

Die hatte Friedrich der Große

Sich selbst geschnitzelt aus Nußbaumholz.

Und darauf war er natürlich stolz.

 

Da kam ein Holzwurm gekrochen.

Der hatte Nußbaum gerochen.

Die Dose erzählt ihm lang und breit

Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.

 

Sie nannte den alten Fritz generös.

Da aber wurde der Holzwurm nervös

Und sagte, indem er zu bohren begann:

»Was geht mich Friedrich der Große an!«

 

Joachim Ringelnatz

 

 

 

 

Anisplätzchen 

 

  

Ein alter Mann liegt sterbend im Bett. Röchelnd liegt er da und fühlt den Tod nahen.

Plötzlich dringt ein himmlischer Duft in seine Nase. Ein kleiner Funke im hintersten Teil seines schwindenden Gedächtnisses signalisiert: Meine Lieblingsplätzchen! Anisplätzchen!

Er mobilisiert seine verbliebenen Energien und wuchtet sich, schwer atmend, aus dem Bett. Sich an der Wand des Schlafzimmers abstützend schlurft er schnuppernd aus dem Zimmer. Mühsam hangelt er sich am Treppengeländer Stufe um Stufe nach unten ins Erdgeschoß.

Nahezu am Ende seiner Kräfte angelangt, lehnt er schließlich im Türrahmen und blickt in die Küche. Hätte er nicht gewusst, daß er sterben würde, hätte er geglaubt, schon im Himmel zu sein!

Fein säuberlich auf Backpapier ausgelegt liegen Dutzende seiner so sehr geliebten Anisplätzchen auf dem Küchentisch. War er nicht doch schon im Himmel? Oder war es ein letzter Liebesbeweis seiner Frau, mit der er jetzt schon seit über 60 Jahren verheiratet ist?

Mit einer allerletzten Anstrengung läßt er sich gegen den Tisch fallen und sinkt auf die Knie. Seine spröden Lippen teilten sich in freudiger Erwartung. Leicht sabbernd fühlt er schon den wunderbaren Geschmack der Plätzchen auf seiner Zunge. Seine alte, runzelige Hand zittert sich mühsam einem Plätzchen am Rande des Tisches entgegen.

Plötzlich klatscht ein Kochlöffel auf seine Hand: "Finger weg!" keift seine Frau, "die sind für die Beerdigung!"

 

 

Hier noch eine kleine - aber wahre - Anekdote *), die man sich von diesem facettenreichen Preußenkönig, vom Alten Fritz, erzählt...

 

Ein Bauer wird von seinem Pastor der Liebschaft mit einer Eselin beschuldigt und vom Gericht verurteilt. 

Damals stand in Preußen auf Sodomie die Todesstrafe. Aber..., der König musste alle Todesurteile bestätigen. 

Friedrich II setzt unter das Urteil: „In meinem Staat gewähre ich jedem Gewissens- und Fickfreiheit!“ 

 

 

 *) Botho Cude in seiner Rezension von: „Unser König“, von Jens Bisky