Meritokratie

Macht in den Händen der Intelligenz

 

 

Eines steht absolut fest: Die Tage der Politiker sind gezählt. Sie haben ihre Arbeit - destruktiv und gewalttätig zu sein - nur allzu gut getan. Nichts spricht mehr für den Politiker. Und mit jedem Tag, der vergeht, rückt sein Tod näher. Das ist seine eigene Schuld. Er hat die Waffen, die der ganzen Welt den Tod bringen können, bis zu einem Grad verfeinert, dass es keinen Weg mehr zurück gibt. Entweder wird jetzt ein letzter Krieg stattfinden - und damit der Tod von allem und jedem – oder eine totale Veränderung der gesamten Struktur menschlicher Gesellschaft. Ich nenne diese Veränderung "Meritokratie".

 

Erstens: Wir müssen die Vorstellung aufgeben, dass jeder Mensch, nur weil er achtzehn ist, schon in der Lage ist, den Richtigen zu wählen, der über das Schicksal ganzer Völker entscheidet. Alter darf hierbei kein entscheidender Faktor sein.

 

Damit ändert sich die eigentliche Basis. Mein Vorschlag ist, dass nur eine Person, die mindestens einen Gymnasialabschluss hat, also das Abitur hat, wählen dürfen wird. Auf das Alter kommt es nicht an.

 

Für die Lokalverwaltung wird man durch das Abitur wahlberechtigt. Und alle, die sich am Wahlkampf beteiligen - alle Kandidaten also - müssen einen Hochschul-Abschluss, mindestens ein abgeschlossenes vierjähriges Studium als Qualifikation vorweisen. Wer Bürgermeister werden will, sollte als Mindestqualifikation einen Magisterabschluss haben.

 

Als Wahlberechtigung für die Landeswahlen sollte ein abgeschlossenes Hochschulstudium gelten. Für die Kandidaten sollte ein Magistergrad in Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften die Mindestqualifikation sein. Für die Kabinettsminister sollte ein Magisterabschluss mit höchster Auszeichnung Mindestqualifikation sein – ein noch höherer Abschluss wäre natürlich willkommener. Und jeder, der Kabinettsminister werden will, wird sich in seinem Sachbereich auskennen müssen. Seine Ausbildung sollte dem Sachbereich entsprechen, mit dem er in seiner Amtszeit zu tun haben wird.

 

Wenn also jemand zum Beispiel als Erziehungsminister vorgesehen ist, dann sollten ihn seine Qualifikationen auch zum Erziehungsminister befähigen. Er muss zumindest einen Magisterabschluss mit Auszeichnung in Erziehungswissenschaft haben - ohne akademische Auszeichnung dürfte überhaupt niemand Minister auf Landesebene werden. Ja, wenn er noch höhere Titel hat - Doktor der Erziehungswissenschaft, einen Dr. phil., dann ist das nur gut, dann qualifiziert ihn das umso mehr.

 

Der Justizminister muss wenigstens einen juristischen Doktortitel haben, einen Dr. jur. - das ist das Mindeste. Denn der Mann ist der Garant des Rechtes in seinem Bundesland, der Rechte der Bürger. Er sollte die bestmögliche Qualifikation haben, damit er sich in allem auskennt.

 

Der Ministerpräsident sollte die allerbesten akademischen Qualifikationen vorweisen können, die für ihn möglich sind - alle Examen und einen Doktorgrad mit höchster Auszeichnung; sein Doktorgrad sollte in politischen Wissenschaften sein - und zumindest einen Ehrendoktor in Philosophie oder Recht.

 

Für die Wahl der Bundesregierung sollte der Wähler mindestens das Magisterexamen vorweisen können. Die Kandidaten, die sich zur Wahl stellen, sollten mindestens einen Magistertitel mit höchster Auszeichnung und einen Doktortitel haben. Und die Minister sollten die höchste Qualifikation auf dem Gebiet haben, wo sie als Minister tätig sein werden. Wenn es Erziehung ist, dann die höchsten akademischen Grade der Erziehungswissenschaft, die es im Lande gibt; wenn es Gesundheit sein soll, dann die höchsten akademischen Grade des Gesundheitswesens, die es im Lande gibt.

 

Der Kanzler sollte wenigstens zwei Doktortitel und einen Ehrendoktor in Literatur oder Recht besitzen. Und das gleiche gilt für seinen Stellvertreter, denn der kann jeden Tag Kanzler werden.

 

Auf diese Weise wird die Mobokratie zerstört.

 

Dann wird man mit achtzehn nicht mehr automatisch für fähig erklärt, die Regierung zu wählen.

 

Die Regierung zu wählen, dazu gehört eine...

 

Noch nie hat sich die gesamte Intelligenz der Welt getroffen, 

um über das Schicksal der Menschheit zu bestimmen; 

sie sollten die erste Weltverfassung schreiben.

 

große Fähigkeit und Intelligenz.

 

Durch die bloße Tatsache, dass du achtzehn bist, magst du zwar fähig sein, Kinder zu zeugen - dazu gehört kein Geschick, keine Ausbildung; die Biologie schickt dich bestens gerüstet ins Feld.

 

Aber um die Regierung zu wählen, um Menschen zu wählen, die die ganze Macht über dich und alle anderen haben werden, und die das Schicksal des Landes und der Welt bestimmen werden, dazu reicht es ganz gewiss nicht aus, einfach nur achtzehn zu sein...

 

Die Art, wie wir diese Leute bisher 

gewählt haben, ist einfach idiotisch.

 

Ich möchte, dass alle Universitäten - in jedem Bundesland - eine Versammlung einberufen, mit allen Rektoren und wichtigsten Professoren und wer sonst noch zur tonangebenden Intelligenz im Umkreis der Universität gehört: Maler, Künstler, Dichter, Tänzer, Schauspieler, Musiker. Mit dabei wären alle Talente, alle möglichen Leute, die ihr Kaliber bewiesen haben - unter völligem Ausschluss der Politiker.

 

Alle Nobelpreisträger sollten eingeladen werden - wiederum unter Ausschluss der Politiker, denn in den letzten Jahren haben ein paar Politiker den Nobelpreis bekommen, und das hat den Wert des Nobelpreises herabgemindert. Auf diese Art sollte also von jedem Bundesland eine Delegation für die Nationalversammlung gewählt werden, die dann im Einzelnen ausarbeitet, wie die Meritokratie funktionieren soll.

 

Die Nationalvertreter können dann eine internationale Versammlung aller Universitäten und der Intelligenz der Welt einberufen. Das wäre die erste ihrer Art, denn noch nie hat sich die gesamte Intelligenz der Welt getroffen, um über das Schicksal der Menschheit zu bestimmen. Sie sollten die erste Weltverfassung schreiben. Sie wird nicht amerikanisch sein, sie wird nicht indisch sein, sie wird nicht chinesisch sein - es wird einfach die Verfassung der ganzen Menschheit sein. Es sind keine verschiedenartigen Gesetze nötig. Sie werden nicht gebraucht - alle Menschen brauchen ein und dasselbe Gesetz.

 

Und eine Weltverfassung wird zugleich eine Proklamation sein, dass es nicht mehr auf Nationen ankommt. Die können als Verwaltungseinheiten bleiben, aber nicht als unabhängige Mächte. Und wenn die gesamte Intelligenz der Welt hinter dieser Konvention steht, wird es gar nicht so schwer sein, die Generäle der Welt davon zu überzeugen, von den Politikern abzurücken. Und was für eine Macht haben Politiker? Alle Macht, die sie haben, ist ihnen von uns gegeben worden. Wir können sie zurücknehmen. 

 

Es ist nicht ihre Macht,

es ist unsere Macht.

 

Wir müssen nur einen Weg finden, sie uns zurückzuholen. Denn das Geben ist sehr leicht, das Nehmen ist ein bisschen schwierig. Wenn du dir deine Macht zurückholst, werden sie nicht so schlicht und unschuldig tun wie damals, als sie dich um die Macht gebeten haben. Es ist unsere Macht, aber sie werden sie weiter behalten - solange der Mob bleibt, der sie ihnen gibt. Der Mob lässt sich von allem möglichen überzeugen. 

 

Es ist die Aufgabe der Intelligenz...

 

Ich will euch eines sagen: wenn jetzt der Welt etwas zustößt, dann wird allein die Intelligenz dafür verdammt werden: "Und was habt ihr getan? Mag sein, dass diese Idioten bereit waren, die Menschheit umzubringen, aber was habt ihr getan? Konntet ihr nicht mal mit diesen Idioten fertig werden?

 

Ihr habt immer nur gemeckert und gemosert, aber sonst habt ihr nichts getan."

 

Und die Zeit wird knapp. Sobald wir bestimmen, dass das Wahlrecht nicht jedermanns Geburtsrecht ist, sondern ein Recht, das man sich durch seine Intelligenz zu erwerben hat... Ihr müsst den Unterschied erkennen: Jeder bekommt die Chance, es sich zu verdienen, jeder hat die gleichen Voraussetzungen, es sich zu verdienen, aber es ist nicht von Geburt aus mitgegeben. Du musst erst den Beweis erbringen.

 

Sobald wir die Macht aus den Händen des Mobs in die Hände intelligenter Menschen gelegt haben, von Menschen, die wissen, was sie tun, können wir etwas Wertvolles schaffen.

 

Wenn ein Mensch, der sein ganzes Leben daran gesetzt hat, über die Erziehung und ihre Probleme nachzudenken, der alles nur Denkbare getan hat, um jede Einzelheit zu ergründen, jeden Erziehungsgrundsatz, alle möglichen Ansichten über Erziehung... wenn so einer dann Erziehungsminister wird, dann besteht die Möglichkeit, dass er etwas ausrichtet. Ich schlage vor:

 

Wenden wir uns völlig vom Mob ab 

und den wenigen Auserwählten zu.

 

Ich bin nicht gegen das Volk. Im Gegenteil: das Volk richtet sich in den Händen dieser Politiker nur selbst zugrunde. Ich bin ganz und gar für das Volk, und was ich sage, kann mit Fug und Recht dasselbe genannt werden, was man über die Demokratie gesagt hat: nämlich "aus dem Volk, für das Volk, durch das Volk" - nur das "durch das Volk" muss ich modifizieren: Diese Schicht von intelligenten Menschen wird für das Volk sein, aus dem Volk sein. Sie wird den Massen dienen.

  

Es ist eine so einfache Sache

Ärzte werden auch nicht gewählt.

 

Da kann sich auch nicht jeder hinstellen, weil es sein "Geburtsrecht" ist, und sich von den Leuten wählen lassen... Zwei Leute, die sich darum rangeln, Arzt zu werden oder Chirurg! Warum nicht? Soll doch das Volk selbst entscheiden: für das Volk, durch das Volk, aus dem Volk. Einen von beiden wählen sie dann zum Chirurg - weil er besser reden kann, weil er im Fernsehen gut aussieht und große Versprechungen macht.

  

Aber er ist noch nicht mal Metzger, und er will ein Chirurg sein! Da wäre selbst ein Metzger besser gewesen, wenigstens hätte der gewusst, wie man schneidet. Aber...

 

Ihr wählt Chirurgen nicht in öffentlicher Wahl, 

wie könnt ihr da einen Kanzler öffentlich wählen?

 

Wie könnt ihr einen Ministerpräsidenten öffentlich wählen? Und nach diesem einen Posten gieren und rennen so viele Menschen! Und am meisten kämpfen die, die am krankhaftesten unter Ehrgeiz leiden; sie töten dafür, sie tun alles dafür.

 

Den Machthungrigen

gebt ihr so viel Macht!

 

Mit eigenen Händen reicht ihr ihnen den Strick, mit dem sie euch aufhängen! Das ist keine Demokratie. Im Namen von Demokratie haben diese Leute die Massen ausgebeutet. Politiker und Priester müssen also aus ihren eingefleischten Macht-Positionen entfernt werden, und es muss eine völlig neue Form der Verwaltung entwickelt werden.

 

Nur um dem Kind einen Namen zu geben, nenne ich mein System "Meritokratie". Aber Meriten um was? Verdient macht sich der, der dient und teilt. Und wenn ihr euch erst einmal entschlossen habt, die Macht von den Politikern auf die Intelligenz zu verlagern, wird alles möglich, wird alles ganz einfach.

 

Meritokratie ist ein ganzes Programm, wie man die Struktur der Gesellschaft, die Struktur der Regierung, die Struktur der Erziehung umformt. Es ist ein schwieriger Job, voller Tücken, aber nicht unmöglich – vor allem in einer Situation wie der unsrigen nicht, deren die einzige Alternative Tod ist.

Osho

 

 

 

Auszug aus  From Misery to Enlightenment, 7. Kapitel; Tantrische Transformation, 2. Kapitel